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DIE WELT online

Ein Verdammter: Ingo HЭlsmann in Nabokovs "Lolita"

von Reinhard Wengierek

Berlin -  Was tun, wenn sie wieder zuschlДgt, die Macht der HЖlle mit den unsДglich brennenden Feuern der Lust? Die nДmlich packt Humbert Humbert immerzu, erspДht er eins dieser gewissen, just zwischen neun und 14 Jahre alten "Nymphchen", deren Leiber ihm "unsterblicher DДmon" sind und eben "weibliches Kind". Allein Wahnsinnige oder KЭnstler seien imstande, jene von ihm so vergЖtterten GeschЖpfe verfЭhrerischster Unschuld Эberhaupt zu erkennen.

In Vladimir Nabokovs Roman "Lolita", dieser in ihrem Witz wie ihrer AbgrЭndigkeit faszinierenden Beichte einer Obsession, erzДhlt Literaturprofessor Humbert vom Streunen durch den MДdchenpark. Dies sei, so meint er, kein Wildern in JagdgrЭnden blutigen Verbrechens, sondern ein Wandeln in sЭъen Gefilden der Poesie. NatЭrlich weiъ der SchЖngeist, dass darauf Zuchthaus steht. Aber was hilft's, wenn Lolita, "meine SЭnde, meine Seele", schaurige Raserei entfesselt ...

Ingo HЭlsmann, artig gescheitelt und im grauen Dreiteiler, gibt in Oliver Reeses pointierter Romanadaption fЭr die Kammerspiele des Deutschen Theaters jenen von sЭndiger Sehnsucht gehetzten Gentleman. Die BЭhne eine kahle Black-Box (HansjЖrg Hartung); der Schauspieler in bestЭrzendem Gefesselt- wie Entfesseltsein. Mit intellektueller KЭhle, Selbstironie, Klarheit sowie schmachtender, hechelnder Kopflosigkeit - so abstoъend wie anziehend. Ein Doppelter: korrekter BЭrger, gepeitscht von Trieben ins UnbЭrgerlichste, (Selbst-)ZerstЖrerische.

HЭlsmann spielt unter Reeses Regie groъ noch im Schimpflichsten, frei von Wehleid oder SchlЭpfrigkeit. Die betЖrend selbstverstДndliche Anverwandlung eines Textes, der das SchЖne wie Schauerliche am Menschsein packt. Ein schillerndes Scheusal. Ein Verdammter. Sehnsuchtstrunken. Auf seine Art leidend und schuldig, wie wir letztlich alle leiden und schuldig sind. Termine: 31. 3. 6., 15., 24. 4.; Karten: 2844 1225

Artikel erschienen am 25. MДr 2003



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